Signalwirkung
An einem verregneten Corona-Samstagnachmittag schlenderte ich durchs neu eröffnete Centre Dürrenmatt in Neuchâtel. Mario Bottas Idee, das einstige Wohnhaus des Schriftstellers und Malers in ein Museumsgebäude zu integrieren, verleiht der Ausstellung seither einen einzigartigen Charakter. Am eindrücklichsten aber war für mich persönlich der Besuch von Dürrenmatts Arbeitszimmer mit der herrlichen Seesicht, das seit kurzem erst öffentlich zugänglich ist.
Am Ende des Rundgangs führte mich der Weg zum hauseigenen Bistro. Ich hatte Durst und freute mich trotz kühlen Temperaturen auf ein erfrischendes Getränk. Draussen auf der Terrasse standen zwar zwei Kaffeemaschinen zur Verfügung, aber die Theke im Inneren war nicht bedient. Mein prüfender Blick hinter den Tresen bestätigte meine Befürchtung: Hier gibt es heute nichts. Im selben Moment rief ein älterer Herr: Sie, Fräulein!’ Ich ahnte, was er wollte und winkte ab. ,Ich gehöre nicht zum Personal’, erklärte ich und dachte - bloss weil ich ein Foulard trage, heisst das noch lange nicht, dass ich hier arbeite.
Im Sommer vor Corona passierte mir etwas Ähnliches. Wir kamen vom Wandern. Das Kopftuch, dass ich tagsüber als Sonnenschutz nutzte, trug ich später dann um den Hals. Ich stand an einer Bahnstation, während mein Partner im Restaurant vis-à-vis Getränke organisierte. Da sprach mich ein Mann, der ebenfalls wartete, an. ,So, auch Feierabend?’ Ich kapierte nicht, nicke aber bejahend, da ich keine Lust auf eine Unterhaltung hatte. Als ich den Vorfall meinem Freund erzählte, meinte er amüsiert: ,Du siehst mit deinem Foulard halt aus wie eine Service Angestellte’.
Neulich in einem Berner Kaufhaus: Ich suchte nach einem besonderen Präsent für meine Tochter. In der Abteilung mit den Duftlampen prüfte ich die verschiedenen Modelle und stellte die in Frage kommenden im Regal nebeneinander auf, damit mir die Wahl einfacher fallen sollte. Trotzdem konnte ich mich für keine Version begeistern. ,Entschuldigung, welche würden Sie mir denn empfehlen?’, fragte mich plötzlich eine jüngere Frau, die sich ebenfalls am Gestell zu schaffen machte. ,Suchen Sie denn eine Berger Lampe oder einfach eine Tinktur mit Holzstäben?’, antwortete ich belustigt. ,Was ist eine Berger Lampe?’ wollte sie wissen. Ich erkläre das Prinzip des Luftveredlers, während sie interessiert meinen Ausführungen folgte und bereits nach wenigen Minuten hatte ich ihr ein Exemplar verkauft. Als ich meine Handtasche über die Schulter warf und aufbrechen wollte, trat sie verdutzt einen Schritt zur Seite. ,Oh Entschuldigung! Sie arbeiten gar nicht hier?’ Ich verneinte, wünschte ihr viel Freude an der neuen Errungenschaft und lief zur Rolltreppe, wo ich schmunzelnd mein Halstuch zurechtzupfte.